Blogbeitrag26. September 2024

Ein Projekt dieser Größenordnung habe ich als Wissenschaftler noch nie begleitet

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Abstract

Der Bildungsforscher Kai Maaz koordiniert einen Verbund von über 100 Wissenschaftlern, die das milliardenschwere "Startchancen"-Programm für benachteiligte Schulen wissenschaftlich begleiten sollen. Eine Mammutaufgabe. Aber wie genau wollen sie das eigentlich bewerkstelligen? Ein Interview.






Kai Maaz ist Sozialpädagoge, Erziehungswissenschaftler und Bildungsforscher und Geschäftsführender Direktor des DIPF | Leibniz-Institut für
Bildungsforschung und Bildungsinformation. Foto: fotorismus für DIPF.






Herr Maaz, Sie koordinieren den Forschungsverbund für die wissenschaftliche Begleitung des Startchancen-Programms. Neben dem DIPF | Leibniz-Institut für Bildungsforschung und
Bildungsinformation sind zum Beispiel das Deutsche Zentrum für Lehrkräftebildung Mathematik (DZLM) dabei, das Mercator-Institut für Sprachförderung und Deutsch als Zweitsprache, das Deutsche
Jugendinstitut (DJI), und mehrere Hochschulen. Insgesamt 20 Institutionen mit einer dreistelligen Zahl an Wissenschaftlern, die in einer Vielzahl von Einzelprojekten ein Programm begleiten, an
dem 4000 Schulen teilnehmen, und das über zehn Jahre. Wird Ihnen schwindlig bei diesen Dimensionen?



 



Ein Projekt dieser Größenordnung habe ich als Wissenschaftler noch nie begleitet, auch in der Geschichte des DIPF konnte ich kein vergleichbares Projekt finden. Doch schrecken mich die
Dimensionen keineswegs, zumal meines Erachtens mit Superlativen in der Beschreibung des Startchancen-Programms ohnehin etwas locker umgegangen wird. Ja, es werden 4000 Startchancen-Schulen sein,
und über zehn Jahre hinweg investieren Bund und Länder 20 Milliarden Euro. Aber nicht alles ist neues Geld, in vielen Länder gab es schon vorher umfangreiche Aktivitäten, um die
Bildungsungleichheit in unseren Schulen zu bekämpfen. Diese Aktivitäten fließen jetzt in die "Startchancen" ein. 



 



Ihre Botschaft an die Bildungspolitik lautet: Hängt das Programm in den öffentlichen Diskussionen tiefer?



 



Mein Ziel ist nicht, das Programm kleiner zu machen, sondern seine Komplexität zu verdeutlichen: diese Mischung aus neuen und bestehenden Initiativen; von Ländern, die schon vor dem Programm sehr
aktiv waren, und anderen, die mit den "Startchancen" tatsächlich ein völlig neues Förderinstrument für ihre Schulen einführen. Das bedeutet zugleich, dass wir bei der wissenschaftlichen
Begleitung auf die jeweiligen Gegebenheiten vor Ort schauen müssen. So, wie das Programm sich in seiner Förderlogik – der gezielten Konzentration auf eine so große Anzahl von bundesweiten Schulen
– von allen bisherigen Bildungsprogrammen des Bundes unterscheidet, so muss auch die wissenschaftliche Begleitung anders laufen als in der Vergangenheit.



 



"Es geht um die Institution Schule
als Ganzes in ihrem Sozialraum."



 



Was meinen Sie konkret?



 



Wir begleiten auch die Unterrichtsentwicklung, vorrangig aber geht es um die Entwicklung der Institution Schule als Ganzes in ihrem Sozialraum. Und zusätzlich um die Steuerungs- und
Unterstützungssysteme in den Ländern für die Schulen. Wir werden also nicht für jede "Startchancen"-Schule eigene Begleit-Programme entwickeln, sondern wir schaffen gestufte Angebote, die die
Schulen je nach ihrem Entwicklungsstand nutzen können, abhängig auch von dem, was in ihren Bundesländern schon an Strukturen vorhanden ist. Das bedeutet zum Beispiel, dass wir sogenannte
Kompetenzzentren einrichten, zwei fachbezogene für Sprachbildung und Mathematik, ein weiteres für überfachliches Lernen und Berufsorientierung, eines für multiprofessionelle Schulentwicklung im
Sozialraum und eines für datengestützte Qualitätsentwicklung. Einige dieser Ansätze gibt es wie gesagt schon in Förderprogrammen der Länder. Das Neue ist die Art und Weise, wie die einzelnen
Elemente miteinander zusammenwirken werden. Neu ist auch, dass wir ein sechstes Zentrum einweben, ein sogenanntes "Governance-Zentrum", das die Bildungssteuerung in allen 16 Ländern in den Fokus
nehmen soll. Ich freue mich, dass Martina Diedrich, bislang Direktorin des Instituts für Bildungsmonitoring und Qualitätsentwicklung (IfBQ) in Hamburg, dieses Zentrum leiten wird, eine
hochqualifizierte und in Aushandlungsprozessen zwischen Ländern und Bund sehr erfahrene Systementwicklerin.



 



Und was genau bedeutet "Bildungssteuerung"?



 



Im Prinzip geht es darum, dass eine gute neue Bildungsidee nur dann eine Wirkung entfalten kann, wenn es klare Wege und Abläufe gibt von der Konzeptentwicklung über die Bearbeitung in den
Ministerien und der Verwaltung bis hin zur Umsetzung in den Schulen. Dafür müssen alle eine gemeinsame Vorstellung davon entwickeln, wie diese Idee umgesetzt werden und an den Schulen ankommen
kann; es geht also um eine gemeinsame Praxis, Ziele zu formulieren und zu setzen. Ich spreche davon, welche Mittel und Wege man dafür nutzt und beschreitet und wie für diese Ziele die
entsprechende Aufmerksamkeit geschaffen wird. Wir werden jedem Bundesland anbieten, ein eigenes Governance-Board einzurichten, das die Brücke bilden soll zwischen Wissenschaft, Politik,
Verwaltung und Schulpraxis. In diesen Boards soll die Expertise aller Bereiche und Personengruppen zusammenfließen, um gemeinsam für die Schulen nur das zu entwickeln und zu implementieren, was
vor Ort wirklich gebraucht wird.



 



Das klingt immer noch theoretisch. Können Sie das bitte an einem praktischen Beispiel verdeutlichen?



 



Nehmen wir das Kompetenzzentrum für Mathematik, das unter der Leitung von Susanne Prediger vom DZLM Mathematikdidaktiker aus ganz Deutschland für das Programm zusammenbringen wird. Sie werden
gemeinsam mit den Schulen vorhandene Materialien und Konzepte für den Mathematikunterricht evaluieren und weiterentwickeln, sie werden Fortbildungen konzipieren und nach Bedarf direkt Lehrkräfte
zu Multiplikatoren schulen. Das Kompetenzzentrum für datengeschützte Qualitätsentwicklung wiederum wird die Schulen beim Aufbau und Einführung entsprechender Konzepte unterstützen. Alle sechs
Zentren werden jeweils die drei Ebenen individuell, institutionell und systemisch zusammenbringen. Auch hierzu ein Beispiel: Wenn etwa in einem Bundesland wie Hamburg schon umfangreiche
Strukturen zur datengestützten Qualitätsentwicklung bestehen, weil das Land an der Stelle seit 15 Jahren ein Vorreiter ist, wollen wir unbedingt dafür sorgen, diese Expertise in andere Länder zu
transferieren. Denn es ist von entscheidender Bedeutung, dass alle Schulen und Schulsysteme davon profitieren können.



 



"Wir sprechen von 0,5 Prozent der 20 Milliarden.  
Ich sage das, um von Anfang an
Erwartungsmanagement zu betreiben."



 



Komplexe Pläne. Und aufwändig. Wie viel Geld erhalten Sie als Forschungsverbund eigentlich?



 



Vorgesehen sind maximal ein Prozent der "Startchancen"-Fördersumme, allerdings nur des Bundesanteils. So dass wir tatsächlich von 0,5 Prozent der 20 Milliarden sprechen. Ich sage das so deutlich,
um von Anfang an Erwartungsmanagement zu betreiben.



 



Moment, wir reden von zehn Millionen Euro pro Jahr!



 



Aber rechnen Sie das runter auf die Vielzahl an Projekten und Institutionen. Oder auf die 4000 "Startchancen"-Schulen. Dann sehen Sie schnell, was ich meine. Wir können nur an den Strukturen
arbeiten, nicht jede einzelne Schule begleiten, das darf auch gar nicht die Aufgabe der Wissenschaft sein. Wir können bestimmte Unterrichtsvorhaben und Schulentwicklungsprojekte mit den Akteuren
gemeinsam betrachten, wir können evidenzbasierte Aussagen dazu treffen, ob sich ihre Übertragung auf andere Schulen lohnt. Wir können die Schulen in ihrer Netzwerkarbeit unterstützen, damit sie
ihre Ziele innerhalb des Programms erreichen. Vor allem aber können wir, wenn es gut läuft, innerhalb der zehn Jahre zur Entwicklung eines neuen Berufsfelds beitragen, das der Vernetzung von
Bildungseinrichtungen und ihrer wissenschaftsgestützten Unterstützung dient. Was nicht nur für das Schulsystem ein Fortschritt wäre. Alle Analysen zeigen, dass die Bildungschancen zu einem großen
Teil vor der Einschulung verteilt werden, da können sich die Grund- und weiterführenden Schulen anstrengen, wie sie wollen. Mit anderen Worten: Eigentlich bräuchten wir zusätzlich ein
"Startchancen"-Programm für die Kitas, und mit unserer Arbeit schaffen wir Expertise, die auch für Kitas gebraucht wird.



 



Bereits seit 2021 läuft das Bund-Länder-Programm "Schule macht stark", das laut Selbstbeschreibung "bestmögliche Bildungschancen für sozial benachteiligte Schülerinnen und Schüler"
erreichen soll. Auch da leiten Sie die Begleitforschung, allerdings sind nur 200 Schulen beteiligt. Sind die Startchancen eine Art großgezoomtes "Schule macht stark", und gilt dann für Ihre
Begleitforschung dasselbe?



 



Die beiden Programme kann man weder von Umfang noch Struktur vergleichen. In einer Hinsicht aber hat "Schule macht stark" tatsächlich wichtige Vorarbeit geleistet. Als ich vor einigen Jahren das
erste Mal in eine Sitzung mit Direktoren der für Schulqualität zuständigen Landesinstitute gegangen bin, um dort "Schule macht stark" vorzustellen, herrschte in etlichen Kultusministerien
Empörung, dass ich mir anmaßte, ohne Absprache einfach so in ihren nachgeordneten Dienstbehörden aufzutauchen. Obwohl es allen Sinn ergab, dass Wissenschaft und Administration sich zusammentun
und austauschen, wenn sie doch an den gleichen Problemen arbeiten. Das hat sich geändert, die "Startchancen" sehen diesen engen Austausch zwischen Wissenschaft und Schuladministration,
Landesinstituten und Schulaufsicht von Anfang an vor. 



 



"Dass war am Anfang von "Schule macht stark" das Missverständnis, als wir in die Schulen gegangen sind: 'Da kommen die Wissenschaftler, die sagen uns jetzt, was
wir tun sollen.' Das können wir aber nicht."



 



Das klingt mehr nach dem Job von Beratern oder Organisationsentwicklern. Sie sind aber empirischer Bildungswissenschaftler.



 



Und als solche haben wir gelernt, Evaluationsdesigns aufzusetzen, Daten zu erheben, auszuwerten und zu interpretieren. Das ist unsere Expertise. Aber das reicht nicht. Das Bildungssystem braucht
mehr. Allerdings nicht die Art von Beratung, wie Sie sie gerade beschrieben haben. Das war am Anfang von "Schule macht stark" genau das Missverständnis, als wir in die Schulen gegangen sind und
die Kollegien sagten: Da kommen die Wissenschaftler, die sagen uns jetzt, was wir tun sollen. Das können wir aber nicht. Ja, wir schauen auf die Daten, auf das, was da ist. Aber im Austausch
zwischen Wissenschaft, Bildungsadministration und Schulpraxis entsteht dann etwas Neues. Und dieser ko-kreative Ansatz, der wird auch die wissenschaftliche Begleitforschung der "Startchancen"
prägen, aber wie gesagt: nicht auf der Schulebene, sondern auf der Systemebene. Das ist der große Unterschied zu "Schule macht stark".



 



Und woran messen Sie am Ende, ob Sie Erfolg hatten mit dieser Art der wissenschaftlichen Begleitung? 



 



Genau deshalb ist es ja so wichtig, dass wissenschaftliche Begleitung und Evaluation des Programms getrennt sind. Nach fünf Jahren wird geschaut, ob die "Startchancen" sich in die richtige
Richtung bewegen. Sehen wir an den "Startchancen"-Schulen zum Beispiel eine Veränderung in der Schulentwicklung oder bei dem Anteil der Schülerinnen und Schüler, die die Mindest- und
Regelstandards vor allem in Mathematik und Deutsch erreichen? Und natürlich steht dann auch die wissenschaftliche Begleitung auf dem Prüfstand. Gelingt es, die Veränderungslogik im System zu
erzeugen, das strategische Miteinander, von dem ich die ganze Zeit rede? Eines ist schon jetzt klar: Der Aufbau der dafür nötigen Kommunikationsstrukturen zwischen Wissenschaft, Administration
und Praxis wird dauern, innerhalb und zwischen den Bundesländern. Deshalb betone ich die Komplexität so oft. Damit nicht nach zwei Jahren die ersten ungeduldig sagen: Das bringt alles nichts.



 



"Natürlich müssen wir so viel wie möglich aus den "Startchancen" herausholen. Aber hört auf, von diesem Programm die Lösung aller Bildungsprobleme zu
erwarten."



 



Und wenn sie es doch tun?



 



Dann antworte ich: Gerade in der Startphase wird es notwendig sein, theoretisch fundiert und zugleich klar und transparent zu beschreiben, wie Startchancen im System, in den Schulen und letztlich
bei den Schülern wirken kann, um das bildungspolitische Ziel zu erreichen. Dem sind dann verschiedene Zwischenziele (zum Beispiel: Sichtung von vorhandenen Materialien, Neuentwicklungen von
Materialien oder Multiplikatorenschulungen) vorgelagert. Diese zu erreichen ist die Voraussetzung für die jeweils nächsten Ziele. Solcher Pfadabhängigkeiten muss man sich bewusst sein. Und das
wollen wir gleich zu Anfang deutlich machen.



 



Sie reden wiederholt von Erwartungsmanagement, während das BMBF in jeder öffentlichen Äußerung zu den Startchancen die 20 Milliarden betont und die historischen Dimensionen des Programms.
Und wann immer irgendeine Bildungsstudie oder ein internationaler Schulvergleich mit mauen Ergebnissen herauskommt, lautet die Antwort aus dem Ministerium von Bettina Stark-Watzinger (FDP): Wir
haben ja jetzt die "Startchancen". Kann ein politisch derart gehyptes Programm nur noch enttäuschen?



 



Eine solche Schlussfolgerung mag naheliegen, aber mein Appell lautet: Lasst uns das Programm jetzt erstmal starten, geben wir den beteiligten Schulen und den verschiedenen Akteuren im System die
Chance, anzufangen und ihren Weg zu finden. Natürlich müssen wir die "Startchancen" so gut umsetzen und so viel aus ihnen herausholen, wie es nur geht. Aber hört bitte auf, von diesem Programm
allein die Lösung aller bildungspolitischen Probleme zu erwarten. Sonst heißt es danach: 20 Milliarden investiert, und wieder nichts passiert. Wie ich vorhin sagte: Ein Großteil der Weichen für
erfolgreiche Bildungskarrieren wird schon vor der Schule gestellt, in den Kitas. Und wenn wir wirklich mehr Bildungsgerechtigkeit schaffen wollen, müssen wir zudem das sogenannte Übergangssystem
ernsthaft in den Blick nehmen…



 



…in das noch schulpflichtige junge Menschen wechseln, wenn sie aus den allgemeinbildenden Schulen raus sind und keinen Ausbildungsplatz erhalten haben…



 



… und das von den "Startchancen" nur in geringem Umfang adressiert werden kann. Auch da fließen Milliarden in Maßnahmen, von denen wir oft nicht wissen, was sie wirklich bringen. 



 



Jede Überhöhung der "Startchancen" durch die Bildungspolitik lehnen sie also ab?



 



Es kommt auf die Dosis an. Bei allem Erwartungsmanagement braucht es ein bisschen übersteigerte Ambitionen. Als Kanzlerin Merkel und die Regierungschefs der Länder 2008 beim Bildungsgipfel in
Dresden das Ziel formulierten, die Zahl der Schulabgänger ohne Abschluss zu halbieren, wusste jeder, der sich halbwegs auskannte: Das kann nicht funktionieren. Trotzdem war die Aussage richtig,
weil sie Schwung ins System gebracht hat. Und diesen Schwung erhoffe ich mir jetzt auch. Daher ist es schon wegweisend, dass sich "Startchancen" das bildungspolitische Ziel gesetzt hat, die
Gruppe, welche die Mindeststandards in Deutsch und Mathematik nicht erreicht, halbieren zu wollen. Und ganz nebenbei setzt sich das Programm weitere nicht weniger wichtige Ziele wie die Förderung
sozio-emotionaler Kompetenzen, Demokratiebildung, Berufsorientierung und die Verbesserung der Teilhabechancen junger Menschen.



 



Und als nächstes dann ein "Startchancen"-Programm für die Kitas, Herr Maaz? Ampel-Politiker diskutierten darüber zuletzt schon im Zusammenhang mit dem Kitaqualitätsgesetz.



 



Das sehe ich so. Auch wenn man zu Recht einwenden kann: Damit ein solches Bildungsprogramm in der Kita wirksam werden könnte, bräuchte es erstmal eine Verständigung zwischen Wissenschaft,
Politik, Gesellschaft und Praxis über die Frage, was Bildung in der Kita eigentlich ist. Aber vielleicht wäre ein "Startchancen"-Programm für die Kita auch der entscheidende Schritt hin zu solch
einem gemeinsamen Verständnis. 



 



"Die Realität ist: Es braucht den Bund  angesichts des eklatanten Digitalisierungsrückstandes noch einmal."



 



Während wir hier über weitere "Startchancen"-Programme philosophieren, zittern die Schulen, ob sie überhaupt noch eine Digitalpakt-Fortsetzung bekommen. 



 



Angesichts des immer noch eklatanten Digitalisierungsrückstandes in Deutschland wird es, fürchte ich, ohne ein erneutes Engagement des Bundes nicht gehen. Allerdings müssen sich die Länder
vorhalten lassen, dass die Verfügbarkeit digitaler Technologien zu ihren genuinen Aufgaben zählt und eigentlich genauso eingepreist gehört wie vernünftige Schultoiletten. Es erwartet auch keiner,
dass der Bund ein Toilettenprogramm auflegt. 



 



Obwohl das vielen Schulen guttun würde.



 



Die Realität ist: Es braucht den Bund noch einmal. Aber umso wichtiger ist es, den Pakt mit innovativen Elementen zu koppeln. Es kann nicht sein, dass die Welt um uns herum sich in einer noch nie
dagewesenen Geschwindigkeit ändert, die Schule aber bleibt wie sie ist – abgesehen von ein paar digitalen Tools, die dazukommen. Wir brauchen neue Formen von Unterrichtsgestaltung, kognitiver
Aktivierung und Kompetenzprüfungen, und ihre Etablierung könnte man mit dem Digitalpakt 2.0 verbinden. 



 



Sehen Sie den Bildungsföderalismus eigentlich insgesamt auf einem guten Weg, nachdem die Kultusministerkonferenz sich entschieden hat, an ihrem Einstimmigkeitsprinzip
festzuhalten?



 



Ich nehme wahr, dass Teile der KMK die Notwendigkeit verspüren, sie zu verändern, zu modernisieren. Ich verstehe aber die ganze Debatte nicht. Was nützt das Einstimmigkeitsprinzip, wenn es auf
der einen Seite viele Reformen aufhält, auf der anderen Seite aber nicht einmal wirklich verbindlich ist, weil jedes Land trotzdem machen kann, was es will? Dann kann man es auch sein lassen und
sich als Länder kreativ an neue Entscheidungsmodalitäten herantrauen. Aber gerade "Startchancen" ist für die Akteure im politischen und administrativen System die Chance, gemeinsam und damit auch
länderübergreifend, daran zu arbeiten, worauf man sich in langen Verhandlungen mit dem Bund verständigt hat. Und ich bin überzeugt, dass dies auch die handlungsleitende Prämisse der Länder und
des Bundes sein wird.



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