Open Access BASE2017

Die Grazer Germanistik in der Nachkriegszeit : ein universitäres Institut zwischen Neukonstituierung und Kontinuität, Unschulds-Narrativen und Entnazifizierungspolitik

Abstract

In den Nachkriegsjahren war die österreichische Germanistik in besonderer Weise von den Entnazifizierungsmaßnahmen an den Hochschulen betroffen. Nahezu alle Angehörige der Disziplin wurden einer politischen Überprüfung unterzogen, so auch die Lehrenden am Grazer Seminar für deutsche Philologie. Kaum eine Person, mit Ausnahme des Grazer Privatdozenten Hugo Kleinmayr, hatte sich in der NS-Zeit dem totalitären Regime verweigert. Im Zuge des komplexen Vorganges der Entnazifizierung des Institutes in Graz wurden argumentative Strategien entwickelt, um die politische 'Gewähr' der eigenen Person aber auch von anderen zu belegen. Durch eine Aufarbeitung bislang unbearbeiteten Aktenmaterials wird ersichtlich, dass die Argumentationen von den verschiedenen Entnazifizierungsstellen weitgehend und ohne größere Bedenken angenommen wurden. In einer Flucht in unverfängliche Themen und der Stilisierung des eigenen wissenschaftlichen Tuns als unpolitisch und dem Anspruch der Objektivität verpflichtet kehrten die VertreterInnen der Disziplin alsbald wieder in einen geregelten Lehr- und Forschungsbetrieb zurück. Eine kritische Aufarbeitung der NS-Vergangenheit blieb aus. Im Abriss der Institutsgeschichte wird jedoch klar, dass die Grazer Germanistik seit der Gründung der ersten Lehrkanzel 1851 stark geprägt war von kultur- und gesellschaftspolitischen Entwicklungen und so gingen auch die Umbrüche 1938 und 1945 nicht spurlos am Seminar vorüber. Hierbei ist vor allem ein Nebeneinander von Kontinuität und Bruch zu konstatieren. Innerhalb des Institutes in der NS-Zeit als auch für die Zeit danach finden sich verschiedenste, zum Teil ambivalente Handlungsweisen und Verhaltensmuster ihrer Angehörigen wieder, die ein differenziertes Bild der Entwicklung nötig machen und den verfügbaren Handlungsspielraum aufzeigen. ; The Austrian German studies were especially affected by acts of denazification in the post-war years. Nearly all exponents of the scientific discipline were politically examined, including the professors at the Seminar für deutsche Philologie in Graz. Hardly anyone, except the lecturer Hugo Kleinmayr, had refused to arrange with the National Socialist system. During the complex process of the denazification of the institute in Graz, its members developed multiple strategies to prove political reliability. The investigation of the historical files showed that the argumentations were mostly accepted uncritically by the authorized bodies involved. By fleeing into innocuous topics and pretending to have always acted apolitically and impartially, the scientists quickly returned to a regular working mode. A critical process of coming to terms with the past did not happen. This examination of the history of the Seminar für deutsche Philologie illustrates that since the installation of the first chair for German studies in 1851, the discipline in Graz was strongly shaped by political developments. Also, the radical changes in 1938 and 1945 left their marks on the institute. A juxtaposition of continuities and changes can be determined. During the National Socialist era as well as afterwards, the members displayed various, and sometimes inconsistent actions and patterns of behavior. A nuanced look is necessary in order to determine the scopes of actions available to the involved persons at that time. ; vorgelegt von Marco Jandl, BA ; Zusammenfassungen in Deutsch und Englisch ; Abweichender Titel laut Übersetzung des Verfassers/der Verfasserin ; Karl-Franzens-Universität Graz, Masterarbeit, 2017 ; (VLID)2260765

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