Die Regionalen Strukturwandlungen des deutschen Außenhandels von 1880 bis 1938
Abstract
Gegenstand der Studie sind die Veränderungen der regionalen Struktur des deutschen Außenhandels und deren Ursachen in der Zeit von 1880 bis 1938. Dabei wird die regionale Entwicklung der Ein- und Ausfuhr nach Erdteilen, Regionen und Ländern für die wichtigsten deutschen Handelspartner dargestellt. Anschließen wird die regionale Entwicklung und der Verlauf der Warenströme aller wichtigen Ein- und Ausfuhrerzeugnisse untersucht. Der deutsche Außenhandel wird somit zum einen warenspezifisch und zum anderen bezogen auf die Länder betrachtet.
Für seine Analyse hat der Autor die Daten aller wichtigen Warengruppen detailliert ermittelt und deren Inhalt für den Untersuchungszeitraum einheitlich definiert und somit vergleichbar gemacht.
Zur Methodik
a) Definition und Aufgabenstellung:
Als Strukturwandlungen werden folgende Prozesse betrachtet:
- Grundlegende Verschiebungen in der Zusammensetzung der Außenhandelspartner, sowie
- bedeutsame und nachhaltige Richtungs- oder Volumenveränderungen wichtiger Waren und Warengruppen, die den Handel mit Ländern oder Regionen beeinflussen.
Der Begriff Region bezeichnet hierbei Großräume bzw. Kontinente. Einzelne Länder werden als politische Einheiten betrachtet.
b) Zeitliche Abgrenzung:
Untersuchungszeitraum ist 1880 bis 1938. Die statistischen Angaben für die Kriegsjahre 1914-1918 und 1939 sowie für die Nachkriegsjahre 1919-1924 sind nicht in die Analyse einbezogen worden, da die Werte entweder nicht erfasst wurden oder durch die Zeitumstände sowie der Inflation sehr unvollständig oder unzuverlässig sind.
c) Gebietsveränderungen:
Die Zahlen der deutschen Handelsstatistik beziehen sich von 1880 bis Februar 1906 auf das deutsche Zollgebiet, welches ab 1872 das Gebiet des Deutschen Zollvereins umfaßte, bestehend aus den 26 Bundesstaaten, dem Großherzogtum Luxemburg und den österreichischen Gemeinden Jungholz und Mittelberg. Nicht dazu gehörten die Freihafengebiete von Hamburg, Bremerhaven und Geestermünde, Helgoland, Teile der hamburgischen Gemeinde, Cuxhaven und einige badische Landgemeinden.
Ab 1. März 1906 umfaßte die deutsche Handelsstatistik den auswärtigen Warenverkehr des gesamten deutschen Wirtschaftsgebietes. Dieses bestand bis zum Versailler Vertrag aus dem deutschen Reichsgebiet einschließlich des Großherzogtums Luxemburg und den beiden österreichischen Gemeinden Jungholz und Mittelberg. Nicht dazu gehörten Helgoland und die badischen Zollausschlüsse.
Ab 1920 weist die amtliche Handelsstatistik die Werte des auswärtigen Handels für das Deutsche Reich in seinen neuen Grenzen aus. Das heißt, die Gebiete Elsaß-Lothringen, die Freie Stadt Danzig, Teile der preußischen Provinzen Ostpreußen, Westpreußen, Brandenburg, Pommern, Schlesien, Posen, Schleswig-Holstein, die Rheinprovinz, das Gebiet des Großherzogtums Luxemburg sowie für die Jahre 1919 bis 1935 das Saarland gehören nicht mehr zum deutschen Wirtschaftsgebiet.
Die Erweiterung des deutschen Reichsgebietes durch die in den Jahren 1938 und 1939 erfolgten Annektion Österreichs, des Sudetenlandes, der Gebiete Böhmen und Mähren sowie des Memellandes bleiben unberücksichtigt, weil daraus abzuleitende Einflüsse auf den auswärtigen Handel über den untersuchten Zeitraum der Studie hinausgehen.
Im Rahmen der Analyse werden die in den Veröffentlichungen des Statistischen Reichsamtes diesen verschieden großen Gebieten zugeordneten Ein- und Ausfuhrwerte miteinander verglichen. Bei dem Gegenüberstellen der Werte vor 1914 und der Werte nach dem ersten Weltkrieg muß berücksichtigt werden, das insbesondere der Verlust der großen Agrargebiete Ostdeutschlands den direkten Vergleich in seinem Aussagewert einschränkt. Andererseits machen gerade solche Veränderungen den Wandel der Außenhandelsstruktur deutlich. So wird offensichtlich, wie die Abtrennung großer landwirtschaflich genutzer Flächen die Einfuhrabhängigkeit Deutschlands z.B. auf dem Nahrungssektor erhöhte und andererseits die vorhandenen Ausfuhrchancen bei Agrarprodukten stark beschnitten wurden.
Der Autor hat die in der offiziellen Statistik des Deutschen Reichs für den auswärtigen Warenverkehr ausgewisenen Zahlen verwendet. Die Gebietsveränderungen des Deutschen Reichs im Verlauf des Untersuchungszeitraumes für die Analyse im wesentlichen unberücksichtigt bleiben. Die territorialen veränderungen bei deutschen Handelspartnern bleiben insoweit unberücksichtigt, als für diese Länder ebenfalls die offiziellen Zahlen verwendet wurden.
d) Systematik der Warengruppen, statistische Grundlagen:
Die in den Veröffentlichungen der Statistik des Deutschen Reiches publizierten Werte des deutschen Handels haben den Nachteil, daß sie hinsichtlich des Inhalts nicht definiert sind. Soweit es sich um Werteangaben nur für eine Ware (z.B. Roggen, Kupfer, etc.) handelt, stellt dies kein Problem dar. Sobald die Werte Warengruppen, wie z.B. Nahrungsmittel, Textilien, Eisenwaren, etc. beschreiben, ist die Verwendung für die Langzeitbetrachtung nicht ohne Weiteres möglich, da sich die Systematik der Erfassung einzelner Waren zu einer Warengruppe über die Zeit sechsmal verändert hat.
Die Gliederung der Warenpositionen nach Anzahl, Inhalt und Zusammenfassung sowie das Länderverzeichnis in der deutschen Außenhandelsstatistik hat sich in diesem Zeitraum von rund 60 Jahren ebenfalls verändert.
Damit die Werte des Außenhandels überhaupt über die Zeit analyisiert werden konnten, musste der Autor Warengruppen sowie die Gliederung der Außenhandelsstatistik für seine Analysezwecke überarbeiten und vergleichbar machen.
Weitere auf die Genauigkeit der Analyse Einfluß nehmende Gegebenheiten
Nach der Gründung des Deutschen Reiches 1871 wurden die Grundlagen der Statistik und damit auch der Handelsstatistik einer amtlichen Ordnung unterstellt. Es wurde die Statistik des Warenverkehrs erstmals durch ein Statistischen Warenverzeichnis geordnet, indem die einzelnen Warenpositionen der Ein- und Ausfuhr vervollständigt, systematisch aufgeführt und numeriert wurden. In den darauffolgenden Jahren erführ das Warenverzeichnis mehrfach eine Erweiterung, seine Warenpositionen wurden zu unterschiedlichen Gruppen und Untergruppen zusammengefaßt. Allein die Anzahl der Warenpositionen änderte sich wie folgt:
1872 bis 1879: 398 Warenpositionen (d.h. einzelne Waren)
1880 bis 1885: 608 Warenpositionen
1886 bis 1887: 913 Warenpositionen
1888 bis 1895: 933 Warenpositionen
1896 bis Feb. 1906: 925 Warenpositionen
März 1906 bis 1936: 946 Warenpositionen
1937 bis 1939: 964 Warenpositionen
Vor allem die erfassten Werte der offiziellen Statistik für die Zeit bis 1879 sind besonders unsicher: Für die Ein- und Ausfuhr wurde nur nach Warengattungen veröffentlicht; Angaben über den Handel mit anderen Ländern gibt es nicht; es bestand keine Deklarationspflicht, so daß vor allem die Ausfuhrzahlen unvollständig sind.
Mit der Einführung des 'Reichsgesetzes über Statistik des Warenverkehres des deutschen Zollgebietes mit dem Ausland' (also noch nicht für das Gebiet des Deutschen Reiches) 1880 wurde der auswärtige Handel nach Mengen und Werten der Warengattungen ausgewiesen und auch für den Verkehr mit den einzelnen Ländern, nach Herkunft und Bestimmung unterschieden. Es wurde eine allgemeine Deklarationspflicht für alle Waren eingeführt, die über die Grenzen des deutschen Zollgebietes ein-, aus- oder durchgeführt wurden. Allerdings lag in der Werteermittlung noch ein großer Unsicherheitsfaktor, da die Werte der ein- und ausgeführten Waren auf der jährlichen Schätzung von Durchschnittspreisen beruhten, die von einer Sachverständigenkommission auf der Basis von Jahresdurchschnittspreisen für die einzelnen Warengattungen durchgeführt wurden.
1889 erfolgte der Beitritt der Hansestädte Hamburg und Bremen zum Zollverein, so daß das deutsche Zollgebiet mit dem Gebiet des Deutschen Reiches weitestgehend indetisch ist.
Vor 1889 wurde die Aufteilung des deutschen Außenhandels auf die einzelnen Handelspartner durch die Absonderung der Hansestädte in der Statistik verzerrt dargestellt:
es wurde ein Großteil der Ausfuhren des deutschen Zollgebietes in die beiden Hansestädte nicht dort verbraucht, sondern von dort aus weiter verkauft. Dadurch ergab sich eine Unterschätzung der deutschen Ausfuhren.
Weitere Ungenauigkeiten der statistischen Erfassung des Warenverkehrs des deutschen Zollgebietes mit dem Ausland in den 1880er Jahren ergab sich aus dem Ablauf des Speditionsbetriebs. Sehr häufig wurden Länder als Herkunfts- bzw. Bestimmungsländer genannt, in denen die Waren lediglich umspeditiert wurden. Das betrifft vor allem englische, niederländische und belgische Häfen. Diese fehlerhafte Deklaration hat sich bei den englischen Häfen vor allem verzerrend auf die Ausfuhrzahlen, bei den niederländischen und belgischen Häfen vor allem verzerrend auf die Einfuhrzahlen ausgewirkt.
Eine weitere Fehlerquelle ergab sich für die Jahre 1880 bis 1899 aus der zum Teil unterschiedlichen bzw. fehlerhaften statistischen Angabe der Ein- und Ausfuhr bei einigen Ländern. Die daraus resultierenden Fehler bewegen sich nach Schätzungen des Verfassers in Einzelfällen zwischhen 0,3% und 0,9% der jeweiligen Gesamtein- bzw. –ausfuhr der betroffenen Länder. Die Ursache solcher Fehler liegt in Zuordnungs- und Additionsfehler der amtlichen Statistik in den Anfangsjahren der Einführung der offiziellen Länderstatistik. Diese Fehler wurden dann jeweils nur bei den Endzahlen der Ein- oder Ausfuhr berichtigt, ohne dabei die notwendigen Einzelangaben der betroffenen Länder zu berichtigen.
Im Verlauf des untersuchten Zeitraums veränderte sich mehrfach die Gliederung der Länder bzw. der Ländergruppen nach Zahl und Inhalt. Mit der Ausdehnung der Handelsvolumina wurde auch die Ländergliederung verfeinert bzw. die Anzahl der ausgewiesenen Länder mehrfach erweitert. Sie wuchs von anfänglich 40 in 1880 bis auf 108 ab 1936 an und änderte sich während dieses Zeitraums in der offiziellen Statistik sieben mal. Der Verfasser der Studie hat daher ein eigenes Schema für die Zuordnung der Länder zu Ländergruppen oder Regionen entwickeln müssen:
Für Europa:
Dänemark, Norwegen, Schweden, Finnland = Nordeuropa
Niederlande, Belgien/Luxemburg, Großbritannien, Frankreich, Schweiz = Westeuropa
Jugoslawien, Ungarn, Rumänien, Bulgarien, Albanien, Griechhenland, europ. und asiat. Türkei = Südosteuropa
Portugal, Spanien, Italien = Südeuropa
Polen, Tschechoslowakei, Rußland, Baltische Staaten = Osteuropa
Österreich-Ungarn
Für Amerika:
Kanada, Vereinigte Staaten von Amerika = Nordamerika
Mexiko, Costarica, Duba, Domin. Rebpublik, Guatemala, Honduras, Nicaragua, Haiti, El Salvador = Zentralamerika
Agrentinien, Braisilien, Chile = Südamerika
Übrige südamerikanische Länder:
Bolivien, Columbien, Equador, Paraguay, Uruguay, Venezuela
Ägypten, übriges Afrika = Afrika
China, Japan, übriges Asien == Asien
Australien und Ozeanien
Weitere Veränderungen in der amtlichen Statistik
1906 wurde das Reichsgesetz über die Statistik des Warenverkehrs mit dem Ausland erlassen und mit ihm die deutsche Außenhandelsstatistik grundsätzlich reorganisiert. Diese lehnte sich eng an den gültigen Zolltarif an, wurde auf 946 Warenpositionen erweitert und wies diese nach Gattung, Menge, Wert sowie Herkunfts- und Bestimmungsländern aus. Es wurden vermehrt die Angaben der Exporteure in die Statistik aufgenommen, was den Umfang der geschätzten Werte in der Statistik verringerte. Der Gültigkeitsbereich der Statistik wurde vom deutschen Zollgebiet auf das deutsche Wirtschaftsgebiet umgestellt. Bis 1906 war hinsichtlich der ausgewiesenen Länder maßgebend, welche Länder Einkaufs- und welche Länder Verkaufsländer waren. Ab März 1906 wurden die Herkunfts- und Bestimmungsländer der ein- und ausgeführten Waren erfasst, d.h. die Herstellungs- und die Verbrauchsländer. Ab 1911 wurde gesetzlich verankert, dass die Exporteure für sämtliche Waren Wertangaben anzugeben haben. 1928 wurdenn mit Gesetz über die Statistik des Warenverkehrs auch die Importuere verpflichtet, Wertangaben aller Importe vorzunehmen. In 1936 schließlich erfolgte durch das Statistischhe Reichsamt eine geänderte form der Zusammmenfassung der Warenpositionen zu Warengruppen und –untergruppen.
Für die Darstellung der regionalen Verteilung der Warenströme sind zunächst alle in der jeweiligen Fassungen der Länderstatistik des Deutschen Reiches aufgeführten Länder den fünf Kontinenten zugeordnet worden und so die Anteile an der deutschen Gesamtein- und ausfuhr über den gesamten Untersuchungszeitraum ermittelt worden. Für die Analyse der regionalen Veränderungen der Warenströme der Ein- und Ausfuhr sind für jedes Land ebenfalls die Anteile an den Gesamtgrößen errechnet worden und die Länder – soweit sie nicht allein wichtige deutsch Handelspartner waren – zu Ländergruppen bzw. Regionen zusammengefaßt worden. (siehe Schema der Länderzuordnung)
Die für jedes Land und jede Region errechneten Anteile am jeweiligen Gesamthandel haben sowohl die Veränderungen der Länder und Regionen sichtbar gemacht, als auch deren Bedeutung im Rahmen des Gesamthandels erkennen lassen. Dieser Bedeutung entsprechend sind im Ergebnis einzelne Länder oder auch zu Regionen zusammengefaßte Ländergruppen als die wichtigsten - und die Regionalstruktur jeweils bestimmenden - Handelspartner identifiziert worden. Diese Länder oder Regionen werden zunächst in einem ersten Überblick als die 'wichtigsten Einfuhrländer' und die 'wichtigsten Ausfuhrländer' hinsichtlich der Entwicklung ihrer Anteile und ihres Stellenwerts im Rahmen des Gesamthandels betrachtet und erste Aussagen über Wandlungen der Regionalstruktur gemacht. (S. 13)
Für die Analyse der Warenströme kommen der Warengliederung und der Zuordnung der Warenpositionen der unterschiedlichen statistischen Verzeichnisse eine besondere Bedeutung zu. Als wichtige Waren wurden solche definiert, deren Anteil an der Ein- und Ausfuhr mindestens 3% betrug. Im Einzelfall wurden auch Waren mit einem geringeren Anteil berücksichtigt, wenn ihnen eine besondere Bedeutung für den deutschen Handel zukam, wie z.B. der Kautschuk. Insgesamt hat der Autor die Regionalanalyse für die folgenden 19 Positionen der Einfuhr und 11 Positionen der Ausfuhr druchgeführt:
Einfuhr:
Weizen, Roggen und Gerste, Obst und Südfrüchte, Kaffee, Fleisch und Fleischwaren, Milch – Butter – Käse, Eier, Fett, Textilrohstoffe, Wolle, Baumwolle, Häute und Felle, Holz, Ölfrüchte und Ölsaaten, Kautschuk und Gutta Percha, Mineralöle, Erze, Metalle, Kupfer.
Ausfuhr:
Zucker, Kohlen, Textilien, Leder und Lederwaren, Papier und Papierwaren, Chemische und pharmazeutische Produkte, Glas und Glaswaren, Eisenwaren, Maschinen, elektronische Erzeugnisse, Fahrzeuge.
Grundlage für die Ermittlung der Werte zu diesen Warenpositionen waren die statistischen Warenverzeichnisse der Statistik des Deutschen Reiches in weitgehender Anlehnung an das 'Brüssler Warenverzeichnis' von 1913. Dieses Warenverzeichnis wurde während des Untersuchungszeitraumes mehrfach geändert, was zur Konsequenz hatte, das die Einzelpositionen zu den für die Untersuchung gewählten und in den Statistiken späterer Jahre verwendeten Oberbegriffen zugeordnet werden mussten, um eine über den Untersuchungszeitraum einheitliche und vergleichbare Systematik zu erhalten.
Für eine Reihe von Waren wurden die Zahlenreihen der regionalen Verteilung nicht für die Oberbegriffe (z.B. Nahrungsmittel, Textilrohstoffe) errechnet, sondern für die unter diesen Oberbegriffen ausgewiesenen einzelnen Warengruppen bzw. Produkte (für Nahrungsmittel: Milch, Obst, Fleisch, etc., für Textilrohstoffe: Wolle, Baumwolle). Dadurch sollten pauschale oder falsche Schlussfolgerungen vermieden werden. Regionale Veränderungen z.B. von Nahrungsmitteln können erst dann festgestellt werden, wenn analysiert worden ist, welchen regionalen Wandlungen die einzelnen Produkte ausgesetzt waren, die alle aus unterschiedlichen Bezugsländern gekommen sind.
Ausgewählte Ergebnisse der Analyse
Der Autor stellt im Rahmen seiner Analysen fest, dass im Handel mit Nordeuropa ein Aufwärtstrend deutlich wird, der sich in der Zwischenkriegszeit fortsetzte und in den 1930er Jahren nochmals eine deutliche Steigerung erfährt. Dabei wuchsen die Importanteile stärker als die Ausfuhrquoten. Diese Entwicklung erklärt der Autor mit der positiven gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, die getragen wurde von produktinnovativen Maßnahmen im Agrar- und Rohstoffbereich, mit steigendem Wohlstand, und dem Ausbau der Transprotinfrastrukturen Nordeuropas sowie der positiven Entwicklung des Welthandels. Deutschland war die geographische Nähe eines wichtigen Partners für die Lieferung von Agrarprodukten und Rohstoffen ebenso wichtig wie die zunehmende Aufnahmefähigkeit des skandinavischen Makrtes für deutsche Exporte. Skandinaviens Nachfrage richtete sich vor allem auf die deutschen Fertigwaren, deren Absatz durch den steigenden Wohlstand anstieg und die besonders den Aufbau der in Skandinavien entstehenden Spezialindustrien der tierischen Veredelungsproduktion, der Stahl-, Holz- und Papierindustrien und des Schiffbaues unterstützten.
Zwischen Deutschland und Großbritannien bestand, was den skandinavischen Markt anbetrifft, eine Konkurrenzsituation, die sich zu einer Rivalität entwickelte.
Während die Veränderungen im Handel mit Nordeuropa in der Vorkriegszeit noch als Folgen ökonomischer und technologischer Entwicklungen gedeutet werden können und das auch – eingeschränkt – für die Bewegungen bis zur Weltwirtschaftskrise gilt, müssen die Wandlungen der Regionalstruktur in den weiteren 1930er Jahren eindeutig als das Ergebnis zunächst noch wirtschaftspolitischer, später dann zusätzlich auch politischer und insbesondere wehrpolitischer Entscheidungen gesehen werden. Ausgeprägte Veränderungen vollzogen sich im Handel mit Großbritannien. Die Einfuhr britischer Produkte nach Deutschland gingen drastisch zurück. Ein Grund hierfür liegt in den strukturellen Schwächen der britischen Wirtschaft der damaligen Zeit. Eine Wandlung der regionalen Struktur der Importländer kann hieraus insoweit abgeleitet werden, als die Anteile Großbritanniens – auf den gesamten Untersuchungszeitraum bezogen – deutlich fielen während die Anteile anderer Länder anstiegen. Trotz der rückläufigen Entwicklung blieb Großbritannien auch weiterhin bedeutender Importeur für Deutschland.
Ähnliches gilt auch für die deutschen Exporte nach Großbritannien, die zwar noch stärker sanken als die Einfuhren, aber auch hier blieb die Position Großbritanniens als eines der wichtigsten Abnahmeländer deutscher Waren bis zum Ende der 1930er Jahre erhalten.
Die westeuropäischen Länder: Frankreich, Niederlande, Belgeien und Schweiz, waren während des gesamten Untersuchungszeitraumes die wichtigsten Partner Deutschlands für den Export. Bei den Importen hingegen konnten sie ihre anfänglich führende Position nicht halten. Bemerkenswert ist hierbei die Parallelität sowohl bei der rückläufigen Entwicklung ihrer Importanteile als auch bei dem konstanten Verlauf der Exportanteile. Was die Entwicklung der deutschen Importe anbetrifft, so hat sich der starke Anstieg der US-amerikanischen Importe, der südamerikanischen, asiatischen und nordeuropäischen Importe auf den Importanteil Frankreichs, den Niederlande, Belgiens und der Schweiz ausgewirkt.
Der Einbruch des Welthandels in und nach der Weltwirtschaftskrise hatte Auswirkungen auf die Regionalstruktur des deutschen Außenhandels durch die Maßnahmen der Reichsregierung ab 1933.
Diese Zeit wird durch Abschottung der Märkte der führenden Welthandelsnationen gekennzeichnet. Die gesunkene Kaufkraft der Rohstoffländer, die verstärkte Konzentration des britischen Handels auf das Empire, die bestehende Negativhaltung der USA hinsichtlich der Importe in die USA, die sich verbreitende protektionistische Haltung der Handelsländer und der zunehmende Devisenmangel kennzeichnen den dramatisch gesunkenen Welthandel. Deutschland konzentrierte seine Importe ab 1933 auf die Regionen Nordeuropa, Südosteuropa und Südamerika.
Im Rahmen der Studie konnte bestätigt werden, dass seit Beginn der industriellen Revolution primär die ökonomischen Faktoren die Strukturen des internationalen Handels entstehen ließen. Diese wurden in der Zeit vor dem 2. Weltkrieg von politischen Faktoren überlagert, wobei vom Autor darauf hingewiesen wird, dass die politischen Einflußnahmen auf den Außenhandel vor allem und mit direkt wirksam werdenden Strukturveränderungen von Deutschland ausgingen. Nur in der Sowjetunion wurde ähnlich diktatorisch verfahren.
Im Vergleich zu anderen Ländern weist der Außenhandel Deutschlands ein größeres Volumen auf. Die westlichen europäischen Handelspartner waren während der gesamten Untersuchungsperiode Deutschlands wichtigste Handelspartner. Die Verflechtungen mit Rußland bzw. mit der Sowjetunion waren ständig eng, erst in den 1930er Jahren schrumpften die Handelsbeziehungen bis zur Bedeutungslosigkeit.
Zu folgenden Themen sind Zeitreihentabellen zusammengetragen worden:
A. Überblick über die Warenstruktur des Außenhandels
B. Deutschlands Außenhandelsstatistik nach Ländern und Regionen
C. Internationale Handelsstatistik nach Waren und Warengruppen und nach Ländern und Regionen
Themen
Datentabellen im Recherche- und Downloadsystem HISTAT ((Historische Statistik), www.histat.gesis.org) (Thema: Außenhandel)
A. Überblick über die Warenstruktur des deutschen Außenhandels
A.1 Anzahl der in der Statistik des Deutschen Reiches aufgeführten Länder (1880-1939)
A.2 Die Anteile einzelner Waren am gesamten deutschen Import in laufenden Preisen, in Prozent (1880-1939)
A.3 Die Anteile einzelner Exportwaren am gesamten deutschen Export in laufenden Preisen (1880-1939)
B. Außenhandelsstatistik nach Ländern und Regionen
B.01.01 Deutschlands Einfuhr aus Europa (1880-1938)
B.01.02 Deutschlands Einfuhr aus Amerika (1880-1938)
B.01.03 Deutschlands Einfuhr Afrika und Asien (1880-1938)
B.02.01 Deutschlands Ausfuhr nach Europa (1880-1938)
B.02.02 Deutschlands Ausfuhr nach Amerika (1880-1938)
B.02.03 Deutschlands Ausfuhr Afrika und Asien (1880-1938)
C. Regionalstatistik nach Waren, Warengruppen und Ländern bzw. Regionen
C.01.01 Deutschlands Einfuhr von Weizen (1880-1938)
C.01.02 Deutschlands Einfuhr von Roggen und Gerste (1880-1938)
C.01.03 Deutschlands Einfuhr von Obst und Südfrüchten (1880-1938)
C.01.04 Deutschlands Einfuhr von Kaffee (1880-1938)
C.01.05 Deutschlands Einfuhr von Fleisch und Fleischwaren (1913-1938)
C.01.06 Deutschlands Einfuhr von Milch, Butter und Käse (1880-1938)
C.01.07 Deutschlands Einfuhr von Eiern (1880-1938)
C.01.08 Deutschlands Einfuhr von Fett (1880-1938)
C.01.09 Deutschlands Einfuhr von Textilrohstoffen (1880-1938)
C.01.10 Deutschlands Einfuhr von Wolle (1880-1938)
C.01.11 Deutschlands Einfuhr von Baumwolle (1880-1938)
C.01.12 Deutschlands Einfuhr von Häuten und Fellen (1880-1938)
C.01.13 Deutschlands Einfuhr von Holz (1880-1938)
C.01.14 Deutschlands Einfuhr von Ölfrüchten und Ölsaaten (1880-1938)
C.01.15 Deutschlands Einfuhr von Kautschuk und Guttapercha (1880-1938)
C.01.16 Deutschlands Einfuhr von Mineralölen (1880-1938)
C.01.17 Deutschlands Einfuhr von Erzen (1880-1938)
C.01.18 Deutschlands Einfuhr von Metallen (1880-1938)
C.01.19 Deutschlands Einfuhr von Kupfer (1880-1938)
C.02.01 Deutschlands Ausfuhr von Zucker (1880-1938)
C.02.02 Deutschlands Ausfuhr von Kohle (1880-1938)
C.02.03 Deutschlands Ausfuhr von Textilien (1880-1938)
C.02.04 Deutschlands Ausfuhr von Leder und Lederwaren (1880-1938)
C.02.05 Deutschlands Ausfuhr von Papier und Papierwaren (1910-1938)
C.02.06 Deutschlands Ausfuhr von chemischen und pharmazeutischen Erzeugnissen (1896-1938)
C.02.07 Deutschlands Ausfuhr von Glas und Glaswaren (1910-1938)
C.02.08 Deutschlands Ausfuhr von Eisenwaren (1880-1938)
C.02.09 Deutschlands Ausfuhr von Maschinen (1880-1938)
C.02.10 Deutschlands Ausfuhr von elektrotechnischen Erzeugnissen (1908-1938)
C.02.11 Deutschlands Ausfuhr von Fahrzeugen (1880-1938)
[Außenhandel, Warenströme, Warengruppen, Import, Export, Warenstruktur, Handelsbeziehungen, deutsche Handelsstatistik, Außenhandelsstatistik, Deutscher Zollverein, deutsches Zollgebiet, Deutsches Reich, deutsches Wirtschaftsgebiet, Weltwirtschaftskrise ]
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